Koji: Fundament der Fermentation

Reis mit Schimmelpilz geimpft

Autorin: Eva Steinhorst

Datum: 29. Juni, 2021

“Fermentation ist womöglich eine bedeutendere Erfindung gewesen als Feuer” sagte eins der Amerikanische Schriftsteller David Rains Wallace. Manche Dinge können in der Geschichte der Menschheit einfach nicht ausgelassen werden, und Fermentation ist definitiv eines dieser Dinge. Während die Kultur der Fermentation die Europäer mit Sauerkraut, Käse, und Bier gesegnet hat, bereicherte sie die Ostasiaten mit Miso, Sojasauce, Sake, und Tempeh. In Ostasien, sind all diese Delikatessen zwei Zutaten zu verdanken: Die beiden Schimmelpilze Aspergillus Oryzae und Aspergillus Sojae. Diese werden oft auch als Koji bezeichnet. Entsprechend den Chinesischen Zeichen für Koji, bedeutet das Wort eigentlich Reis geimpft mit Aspergillus Oryzae. Im Japanischen Kontext hat das Wort jedoch viele Bedeutungen und wird often im Zusammenhang mit beiden Schimmelpilzen benutzt. In diesem Artikel werden wir Koji ebenfalls als übergreifenden Begriff für die beiden Aspergillus Schimmelpilze verwenden. 

Die Geschichte des Koji bringt uns Jahrtausende zurück ins antike China, wo Befunde von neolithischen Töpferwaren vom zweiten Jahrtausend v. Chr. Rückstände von fermentiertem Reiswein aufweisen. Man vermutet, dass Koji sich ungefähr im 8. Jahrhundert in Japan verbreitete. Dort ist er sogar so populär, dass er den Titel des Nationalen Fungus bekommen hat, und jährlich am 12. October am nationalen Fungus Tag gefeiert wird. Laut wissenschaftlicher Forschungen, stammt der Fungus Aspergillus Oryzae vom natürlich vorkommenden A. Flavus und A. Parasiticus ab. Diese zwei Fungi gedeihen im Boden und auf Pflanzen in tropischen und subtropischen Klimas. Da beide Pilze toxisch sind, wird vermutet, dass Menschen durch langwierige Domestizierung den nicht giftigen A. Oryzae aus diesen wilden Spezien gezüchtet haben. Während die Vorfahren des A.Oryzae auf allen möglichen Pflanzen prosperieren, gedeiht A. Oryzae nur auf Getreiden, was wieder einmal bestätigt, dass er ein Produkt der Domestizierung ist. 

Koji Buta

In Japan, wird Koji auf Zedernholz Tabletts, den Koji Buta, domestiziert, die nie gewaschen werden und immer wieder verwendet werden, was bedeutet, dass nach einer Weile der A. Oryzae einfach anfängt im Holz zu leben. Das Prinzip ist dasselbe, wie bei den Zedernholzfässern die für die traditionelle Sojasaucen – und Miso Produktion eingesetzt werden. Zu Beginn, werden die Körner welche mit dem Schimmelpilz geimpft werden sollen poliert, wodurch die äußere Schale der Körner beseitigt wird. Somit kann der Schimmelpilz die Körner besser durchdringen. Danach wird die Aspergillus Kultur zum gedämpften Reis oder zu den Sojabohnen hinzugegegeben. Diese Mischung lässt man für 48 Stunden in einem warmen Raum mit hoher Luftfeuchtigkeit gedeihen. Nach 18 Stunden ist die gesamte Oberfläche vom Reis schneeweiß und mit einer komplexen faserartigen Struktur, die auch Hyphae genannt wird, überwachsen. Wurzel-ähnliche Strukturen (Substrat Myzelien) penetrieren die Körner, welche der Aufnahme von Mineralstoffen dient. Außerdem wachsen Ast-ähnlich Sporen nach oben hin (Oberirdische Myzelien). Nach 24 Stunden setzt der Koji schon köstliche Düfte frei, die nach Passionsfrüchten und Aprikosen erinnern. Insgesamt dauert es ungefähr 48 Stunden bis der Koji gereift ist und bereit um für die Produktion von Miso oder Sojasauce eingesetzt zu werden.  

Was genau sind die biochemischen Vorgänge hinter diesem mysteriösen Schimmelpilz, der einen Batzen Reis in eine fluffige weiße Landschaft verwandelt? Da der Schimmelpilz die Nährstoffe in den Getreiden nicht direkt aufnehmen kann, setzt er Enzyme frei, die das erleichtern sollen. Koji produziert über 50 Enzyme, darunter Amylase, Protease, und Lipase Enzyme. Amylase zersetzt Stärke in Glukose. Der Prozess funktioniert wie folgt: Komplexe Polysaccharide werden in Maltose, Glukose, oder Oligosaccharide zersetzt. So entstehen Geschmäcker, die weit über den Geschmack von Zucker hinausreichen. Diese Zucker lassen sich auch einfach in Alkohol verwandeln, weshalb Koji essentiell ist für die Sake Produktion. Protease Enzyme zerlegen Proteine in die Aminosäuren, aus denen sie bestehen. Die meist vorkommende Aminosäure ist Glutaminsäure – die Aminosäure die hinter dem köstlichen Umami Aroma steckt. Lipase zerlegt Fette in Fettsäuren, Ester, und Alkohole. Darin liegt letztendlich die Kraft des Koji: Er kann simple Lebensmittel verwandeln,  indem er feine Aromen aus deren natürlichen Komponenten zieht. So produziert er eine Vielfalt an Aromen, die denen von tropischen Früchten, Nüssen, Honig, und Blumen ähneln. 

Gerste mit Schimmelpilz geimpft

Wie andere fermentierte Produkte, hat auch Koji probiotische Eigenschaften. Probiotische Bakterien können das Gleichgewicht der Mikroben im Darm wiederherstellen, wodurch Entzündungen im Darm und andere Krankheiten vorgebeugt werden können. Koji kann außerdem dem Körper dabei helfen, Nahrung effizienter zu zersetzen, was generell für die Gesundheit vorteilhaft ist, da dem Körper so die Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden, die er braucht. Studien haben außerdem ergeben, dass Koji Lungen -, Dickdarm -, Leber -, und Magenkrebs vorbeugen kann.  

Jeremy Umanski, Autor des Buches “Koji Alchemy” lag nicht falsch, als er die Experimentierung mit Koji mit Alchemie verglich. In der kulinarischen Welt scheint es nämlich das Näheste zu sein, das man an Alchemie herankommt. Genauso wie die Alchemisten geglaubt haben, dass Magie eine Substanz verändern kann, so ist auch die Kraft des Koji nahezu magisch. 

Quellen

  • Shih, R. & Umansky, J. (2020). Koji Alchemy.
  • Tasdemir, S. S. & Sanlier, N. (2020). An insight into the anticancer effects of fermented foods: A review. In: Journal of Functional Foods Vol. 75.
  • Hamajima, H. (2016). Japanese traditional dietary fungus koji Aspergillus Oryzae functions as a prebiotic for Blautia coccoides through glycosylceramide: Japanese dietary fungus koji is a new prebiotic. In: Springerplus 5 (1): 1321.
  • Bio’c Co. Ltd. Cultivation Process of Koji mold. http://www.bioc.co.jp/en/about_tanekoji/culturing_process.html
  • Shurtleff, W. & Aoyagi, A. (2012). History of Koji – Grains and/or Soybeans Enrobed with a Mold Culture (300 BCE to 2012)

Beispielprodukt: Lemon Shijo Koji